In der letzten Sitzung des Umweltausschusses wurde deutlich, dass die Ausnahmevoraussetzungen für den ökologischen Ausgleich bei weitem nicht erfüllt sind und damit die Überplanung, also die de facto Zerstörung des Naturschutzgebiets Voslapper Groden-Nord im ersten Anlauf gescheitert ist.
Das Vorhaben der niederländische Firma Tree Energy Solutions (TES), dort auf einer Fläche von 145 ha – dies entspräche 360 Fußballfeldern – einen Wasserstoff-Energiepark zu bauen, ist entsprechend vorerst gestoppt. Das Gebiet ist als Brutvogellebensraum von nationaler Bedeutung eingestuft. Auf Initiative der Verwaltung hatte der Rat der Stadt Wilhelmshaven 2021 die Aufstellung des Bebauungsplans 225 für die TES-Fläche beschlossen, 2022 eine frühzeitige und 2023 eine förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf der Bauleitplanung durchgeführt.
Ein solches Vorhaben ist unverträglich mit den EU-Regelungen zu Natura 2000 und damit grundsätzlich unzulässig. Um trotzdem bauen zu können, wurden Gutachten zu Ausnahmetatbeständen der Alternativenprüfung und der Abwägung öffentlicher Interessen erstellt. Kurioses Detail dabei: Auftraggeber für diese Gutachten war die Firma TES, eine Unabhängigkeit damit nicht gegeben.
„Dass die Diskursführung in solchen Auftragsgutachten der Industrie nicht ergebnisoffen ist, liegt auf der Hand. Da verwundert es nicht, dass es angeblich keine Alternativen gibt und Naturschutz anderen öffentlichen Interessen untergeordnet werden soll“, kommentiert Stefanie Eilers, erste Vorsitzende des Naturschutzbund (NABU) Wilhelmshaven.
„Wir fordern den Planungsausschuss und das Planungsamt auf, erstmal Wilhelmshavens Grodenflächen außerhalb der Naturschutzgebiete in nachhaltige industrielle Nutzung zu bringen, bevor man sich an die angestrebte Überplanung macht. Solange es im Heppenser, Rüstersieler und auch Voslapper Groden noch so viel ungenutzten Raum gibt, sind die Naturschutzgebiete allein schon aus lokaler Perspektive nicht alternativlos für Industrieprojekte.“
In der April-Sitzung des Umweltausschusses wurde kürzlich bekannt, dass die Ausnahmevoraussetzungen für den ökologischen Ausgleich bei weitem nicht erfüllt sind und damit die Überplanung des Naturschutzgebiets Voslapper Groden-Nord im ersten Anlauf gescheitert ist. Der Rat hatte die Öffentlichkeitsbeteiligung zu den rund 6.000 Seiten Planungsunterlagen auf 6 Wochen verkürzt, um dem Zeitdruck des Vorhabenträgers Rechnung zu tragen.
Bereits bei den Beschlussfassungen der kommunalen Gremien im September wurde kontrovers diskutiert, dass der Entwurf der Bauleitplanung unausgegoren und der Zeitplan nicht realistisch sei. Die Mehrheit der Ausschuss- und Ratsmitglieder beugte sich jedoch dem Druck des Vorhabenträgers. Über 70 Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange und aus der betroffenen Öffentlichkeit sind beim Planungsamt eingegangen. Auch der NABU hat – mit viel ehrenamtlichem Engagement und in Zusammenarbeit der Verbandsebenen zwischen Wilhelmshaven, Hannover, Berlin und Brüssel – seine Einwendungen auf 44 Seiten zusammengeschrieben.
Nun kommt es zum Reset. Denn mit vollständigen Unterlagen müsste die Stadt nochmal in die Öffentlichkeitsbeteiligung und das Verfahren wiederholen. Übrigens war die NABU-Stellungnahme aus der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung trotz nachweislich ordnungsgemäßem Eingang bereits in der Verwaltung verschollen und hätte mit den Unterlagen zur förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung veröffentlicht werden müssen, was nicht erfolgt ist.
„Hier müssen sich Verwaltung und Rat fragen lassen, wie man mit den eigenen Kapazitäten sowie denen der betroffenen Institutionen umgeht.“, so Eilers. In Sachen Planungsbeschleunigung und Bürokratieabbau wäre also ein sinnvoller Ansatz, Verfahrensschritte erst mit vollständigen Unterlagen weiterzutreiben, statt Umweltstandards zu senken wie beim LNG-Import.
„Rat und Verwaltung wirken hier wie Getriebene; ihnen würde eine größere Unabhängigkeit zur Industrie gut zu Gesicht stehen. Sonst landen wir in Wilhelmshaven schnell wieder beim Filz und Klüngel vergangener Zeiten“, mahnt Stefanie Eilers.